Bataclan, Notre coeur avec vous!
Freitag, 13. November 2015: Rockkonzert in der KAPU. Die ersten Nachrichten aus Paris treffen ein. Besonders die Meldungen aus dem Bataclan, wo ein Konzert mit den Eagles of Death Metal und dem Tiroler Duo White Miles stattfindet, beunruhigen uns. Einige von uns kennen die Band persönlich, einer wäre fast selbst auf diese Tour mitgefahren.
Der Großteil unserer BesucherInnen weiß noch nichts davon, was sich zur selben Zeit in Paris abspielt. Wir sind erschüttert darüber, dass an einem anderen Ort bei einer ähnlichen Veranstaltung, wie wir sie eben durchführen, Menschen sterben. Weiter wollen wir uns das gar nicht ausmalen. Während im vollen Saal das Konzert läuft, sitzen wir vor dem Internet und versuchen über das Telefon mehr über das Wohlbefinden der Tiroler MusikerInnen und ihrer Crew herauszufinden.
Das Konzert im KAPU–Saal geht zu Ende. Ein fulminanter Erfolg der beiden Linzer Bands. Ich erzähle dem Sänger davon, was sich während seiner Show ereignet hat, was ihn ziemlich trifft. Ein bisschen erleichtert versperre ich, nachdem sich der Saal geleert hat und die Bands ihre Instrumente ausgeräumt haben, die Notausgangstür.
Wir haben trotzdem keine Angst, nun etwa ein vermeintliches Terrorziel zu sein. Unser Mitgefühl und unsere Solidarität mit dem Bataclan und allen Betroffenen in Paris bekunden wir hiermit und bekräftigen noch einmal unsere Solidarität mit den Schutzsuchenden aus Gebieten dieser Erde, wo genau dieser Terror alltäglich ist, warum sie vor ihm flüchten. Refugees Welcome!
In der letzten Woche hatten wir zwei Familien aus Afghanistan im Backstage Raum unseres Hauses einquartiert. Sie suchen in Österreich um Asyl an, bekommen aber nicht die Grundversorgung, zu der der Staat verpflichtet wäre. Damit sie nicht obdachlos im Freien schlafen müssen, werden jeden Tag ca. 100 Personen in Linz von Privatpersonen aufgenommen (@CityofHope). Auch die 2 Familien, die bei uns untergekommen sind, hätten, wenn es nach den Plänen des Innenministeriums gegangen wäre, mit ihren Kindern die Nacht auf der Straße verbringen müssen.
Im KAPU Backstage Raum konnten sie nach einer 2 monatigen gefährlichen Reise endlich einmal ein bisschen zur Ruhe kommen. Das Team, aus KAPU Leuten und vielen Freiwilligen, das sich um die Refugees im Haus kümmert, fand schnell Zugang zu den Kindern. Schon am dritten Tag begrüßte mich der 10-jährige Sohn mit den Worten „Hallo, wie geht’s?“
Nach und nach erfuhren wir auch etwas über das Schicksal der einen Familie. Die älteste Tochter hätte geköpft werden sollen, weil ihr Haar aus der Verschleierung herausgeschaut hat. Diese Bedrohung bedeutete die Entscheidung für die Flucht. Der Farsi Dolmetscher, der uns von der Caritas Einsatzleitung in der Drehscheibe am Bahnhof vermittelt worden war, übersetzte einige Erzählungen des Vaters. In Griechenland wurden sie von der Polizei mit Tränengas attackiert. Alle Kinder wurden davon ohnmächtig. Dann mussten sie 6 Tage bei Dauerregen im Freien verbringen. Ihr ganzes Hab und Gut wurde von den Wassermassen weggeschwemmt.
In der Drehscheibe und auch in der KAPU konnten sich alle mit gespendeter Kleidung ausstatten. Über die Vernetzung in den Sozialen Medien wurde und wird weiter, der Bedarf kommuniziert. Die Spendenbereitschaft darauf war und ist überwältigend. Die Familien kochten mit den gelieferten Lebensmitteln selbst und versorgten damit auch uns HelferInnen.
Wir beobachten indes, dass viele Personen hierzulande Angst vor Flüchtlingen haben. Angst vor Menschen, wie unsere zwei Familien aus Afghanistan. Menschen, die von manchen ÖsterreicherInnen für Terroristen gehalten werden, obwohl sie doch selbst vor dem Terror geflüchtet sind. Menschen aus Afghanistan, die sich ohne weiteres in einem Haus wie der KAPU, voller wilder HipHop Tags und Punk-Kritzeleien, integrieren und wohlfühlen konnten, etwas, was eine FPÖ affine Familie aus Linz-Ebelsberg niemals zustande bringen würde.
Gegen Fundamentalismus überall! Fuck Religion! Gegen Faschismus und Nationalismus!
Für Solidarität mit ALLEN, die in Not sind, egal woher! Refugees Welcome!