hip hop
Neben etlichen anderen erderschütternden Popkultur-Ereignissen, mit der eine KAPU-Geschichtschreibung ungelogen auffahren darf, gehört das bislang einzige Konzert von ANTI POP CONSORTIUM im Land mit dem A wohl zu den größten Leckerbissen in der Chronik.
Kurz nachdem ihr Mammut-Wurf ”Tragic Epilogue” das Gleichgewicht einer Musik namens HipHop ordentlich durchrüttelte, benutzten Beans, High Priest & Co. (damals leider ohne den dritten MC/Musiker M. Sayyid) die sympathisch dimensionierte Bühne für eine furiose Show, die ihre abenteuerlichen Ansätze auch im Konzert perfekt umsetzte. Es gibt Beweisfotos und einen Mitschnitt. Auch bei heutiger Nachprüfung: das war eine mehr als verschärfte Übertragung aus einer Parallelwelt. Nicht umsonst tauchten in den Liner Notes Namen wie Sun Ra oder Ornette Coleman auf.
Priest gab nach dem Gig zu Protokoll: ”Als wir mit unserer Musik begannen, gab es eine wesentlich größere Kluft zwischen uns und den damaligen HipHop-Gruppen. Erst als sich die Dinge öffneten, strömten andere nach. Was wir alle taten fand auch einen kleinen Niederschlag im Mainstream, aber zur Zeit von „Tragic Epilogue“ schien es sehr weit entfernt von allem, was vorging. In derselben Weise wie ein Marion Brown, Ornette Coleman oder Sun Ra sehr weit von einem Stan Getz oder Hank Mobley entfernt waren. Daher der Vergleich. Und es sind auch Einflüsse.”
Zum Thema Show: ”Wir versuchen nicht zu reproduzieren, was wir im Studio gemacht haben. Wir spielen unterschiedliches Material und kombinieren das mit vereinzelten Elementen der Platten. Diese Art der Präsentation erlaubt uns mehr Freiheit auf der Bühne und zeigt auch unser Selbstverständnis als Musiker, da wir auch wirklich live spielen. Es ist so einfach wesentlich interessanter für uns, da wir - zwar auf gewissen Strukturen basierend - permanent improvisieren.”
Schluss mit den Schnappschüssen aus der Vergangenheit. Nach sieben Jahren ist kürzlich mit ”Fluorescent Black” auf Ninja Tune endlich wieder ein Album der kompletten Truppe (mit ihrem Stammproduzenten Earl Blaize) erschienen. Natürlich sehen die Verhältnisse heute anders aus und sprengt ihre Musik 2010 nicht mehr ganz so viele Horizonte. Vom HipHop Mainstream bleiben APC nach wie vor meilenweit entfernt, selbst wenn sie sich mitunter auch glattere Oberflächen für ihre Tracks gönnen. Die kennen eben mehr als einen Trick. Völlig intakt bleibt die schlafwandlerische Sicherheit, mit der die drei Vokalisten ihre Stimmen verzwirbeln. Trotz unmittelbar fassbarer Reize, kann man als Höherer auch beim aktuellen Material teilweise nur mit den Ohren schlackern. Noch einmal Priest: ”Ja, ich weiß. Es ist sogar für viele Leute schwer, deren Muttersprache Englisch ist. Das rührt zum Teil daher, dass viele unserer Metaphern sehr stark persönlich gefärbt sind. Sie zu entschlüsseln dauert eine Weile. Dazu kommt noch unser seltsamer interner Slang. Ich glaube aber, dass du dennoch die übergeordneten Strukturen in den Stimmen erkennen kannst und auf die Beats hören kannst, um dich zuorientieren. Es ist nicht allzu fordernd.” Und Beans: ”Früher sagten viele Leute, dass unsere Stimmen ein verschwommener Strom wären. Ich denke, der beste Weg uns zu verstehen ist, es nicht zu genau zu versuchen. Du kannst bei einmaligem Hören nicht jedes Wort erfassen. Die Musik ist auch bewusst nicht so aufgebaut, dass du unseren Worten permanent zuhören solltest. Je weniger du versuchst, jedes Wort zu entziffern, desto mehr gerätst du in einen Fluss aus Gedankenströmen Wenn du versuchst dich auf diesen übergeordneten Fluss einzulassen, wirst du verstehen, was wir auf verbaler Ebene machen, auch wenn es nicht direkt übersetzbar ist. Der Verstand arbeitet einfach oft im Zufallsprinzip. Wir wollen diese Zufälligkeit erfassen und gleichzeitig fokussieren.”Bleibt nur mehr zu sagen: Fokussiert euer Geldbörserl und tut euch den Gefallen dieser Sensationsshow. Egal ob du Rockschweinchen, HipHopper, Jazz-Freak, Poetry-Fan oder sonst was bist – bei dieser Gruppe ist Enttäuschung kategorisch ausgeschlossen.
Gedankensprungreiten still rules!