Rechtshilfebenefiz vs. Punkerhetze
Am So.02.07.00 kam es am Rande des jährlichen Ottensheimer Open Airs zu
einer Auseinandersetzung zwischen Festival-BesucherInnen.
In den Medien wurde der Vorfall als Attacke von fünf "Punkern" auf einen
wehrlosen jungen Burschen dargestellt: der Bursche wollte laut Medien einem
Mädchen zu Hilfe eilen, dass sich durch die zigarettenschnorrenden Punks
belästigt fühlte. Er wurde daraufhin sofort angegriffen und
niedergeschlagen, nicht einmal ein Warnschuss aus seiner Gaspistole konnte
die Angreifer zurückhalten. Auf den am Boden liegenden wurde dann in der
Medienversion mit Stahlkappenstiefeln eingetreten bzw. mit einer Eisenstange
eingeschlagen. Schwer verletzt blieb das 18-jährige Opfer in einer Blutlache
liegen.
Unterschlagen wurde in der medialen Berichterstattung so einiges: zum
Beispiel das der Bursche rechtsextremer Skinhead ist und Mitglied einer
Burschenschaft (Studentenverbindung Frankonia, Deckname des Skinheads:
Centourio). Einige Fakten wurden umgedeutet, um die Story von den
blutrünstigen Punkern zu dramatisieren: so stellte sich die Eisenstange als
hölzerne Fahnenstange heraus, die schweren bis lebensgefährlichen
Verletzungen als eine Platzwunde am Kopf, einige Prellungen und ein blaues
Auge.
Was wirklich vorgefallen ist in Ottensheim wissen auch wir zum jetzigen
Zeitpunkt nicht. Dass die Geschehnisse sich nicht wie in den Medien
dargestellt zutrugen, scheint uns jedoch sicher.
Folgende Version des Tathergangs, wie ihn Beteiligte und Augen- oder
Ohrenzeugen ungefähr beschrieben, erscheint uns als wahrscheinlich:
Im Laufe einer Diskussion zwischen einigen Jugendlichen zog der
rechtsextreme Skinhead plötzlich seine Schußwaffe (die sich später als
Gaspistole herausstellte), schoß damit mindestens einmal in den Boden und
setzte sie einem der Jugendlichen auf die Stirn auf.
Der Jugendliche, der durch die Pistole an seinem Kopf sein Leben gefährdet
sehen mußte, schlug den Aggressor nieder.
Offenbar wurde dann auch noch von anderen Jugendlichen, die gesehen hatten,
dass der Skinhead jemanden mit der Pistole bedrohte und herumschoß, und zur
Hilfe heraneilten, auf den am Boden liegenden eingetreten bzw. mit der
Fahnenstange eingeschlagen. Sie ließen jedoch schnell von ihm ab und der
Skinhead konnte - alleine - gehen.
Interessant ist auch das Vorgehen der Ottensheimer Gendarmerie: so wurde der
Jugendliche, der am Sonntag nachmittag verhaftet wurde, bereits am Morgen
kurz vorübergehend festgenommen und wieder freigelassen. Erst am Abend wurde
er endgültig verhaftet und den Medien als Haupttäter präsentiert: der
Verdacht, dass in dieser Zeit jemand intervenierte und so den Fall künstlich
in die Höhe pushte, entsteht. Es muß aber natürlich auch in Betracht gezogen
werden, dass die Ottensheimer Gendarmerie vor der endgültigen Verhaftung auf
eine Bestätigung des zuständigen Journal-Richters gewartet hat.
Im Rahmen der Ausforschung anderer mutmaßlicher Täter kam es auch zu
mindestens einer illegalen Hausdurchsuchung bei der Lebenspartnerin eines
der mutmaßlichen Täter: trotz mehrmaliger Aufforderung konnte der Polizist
keinen Hausdurchsungsbefehl vorweisen, die Quittierung der mitgenommen
Gegenstände (größtenteils Kleidung) wurde ebenfalls verweigert.
Warum die mediale Berichterstattung dermaßen falsch war, können wir nur
erahnen. Sensationsgier wird wohl eine wichtige Rolle spielen. Dass die
Ottensheimer Gendarmerie, die die Medien wohl auch informierte, nicht gerade
als zartbesaitet gilt, wissen wir. Dass der Vater des Rechtsextremen seinen
politischen Einfluß gelten machte, um die Sache für den Sohn "hinzubiegen",
ist zwar ein Gerücht, aber nicht nachweisbar.
Die Medien waren jedenfalls hocherfreut über die Möglichkeit, gegen die
unerwünschte Subkultur und Randgruppe der Punks (=Plural von Punk; das Wort
Punker gibt es wohl nur in bürgerlichen Medien) zu hetzen. Im Bewußtsein der
Hilflosigkeit der Jugendlichen konnte ohne Furcht vor Konsequenzen eine
Horrorgeschichte zusammengebastelt werden, die die LeserInnen garantiert
fesselte. Das die Wahrheit zurückbleibt, kümmert niemanden.